Sonntag, 2. Juni 2013

Stolz

"Bring deine Kamera zurück" warf mir Rose zu als wir das Lokal betraten. Die Gastgeber hatten uns noch nicht entdeckt und im Inneren blitzte es an mehreren Stellen. Fotografen gab es genug.

"Warum musst du fotografieren" fragte mich Rose noch vor der Abfahrt.
'Also noch schnell im Blog gelesen."
"Dein Neffe hatte mich gebeten. Beim letzten Geburtstag."
"Dann habe ich ja nichts von dir."
"Ich weiß" gab ich kleinlaut zurück.

Kurz danach betraten wir den Raum und wurden aus vier Perspektiven geblitzt. Total überzogen. Der Neffe hatte mal wieder jeden gefragt. Ich brauchte kein schlechtes Gewissen zu haben. Im Gegenteil, hatte ich doch nun für meine Lady Zeit.
Sektempfang, ich nahm ein halb gefülltes Glas. Meine Lady unterhielt sich gerade und wendete sich zwischendrin zu mir.
"Möchtest du ihn pur oder mit Rhabarbersaft?"
Rose überlegte kurz, "mit" und wendete sich wieder ab.
Ihr Gegenüber stutze nochmals, als ich mit dem Glas ruhig neben ihr Stand. Rose blickte sich um. Mit einem "Danke" nahm sie das Glas um die Unterhaltung weiterzuführen.
Nun holte ich etwas für mich.
"Nein bitte nur Orangensaft."

Essen, das bedeutete sie Schlange vor dem Buffet.
Wortlos erhob ich mich vom Tisch und spürte die Blicke der Nachbarn.
'Steht auf und rennt zum Trog ohne auf seine Frau zu warten.'
"Was möchten Sie trinken" hörte ich die Bedienung hinter mir wie sie Rose fragt. Ich drehte meinen Kopf und nickte meiner Lady zu.
"Ich denke, das wurde bereits bestellt."
Kurz darauf runzelten die Umsitzenden die Stirn. Den Teller mit mediterranem Grillgemüse und Tomaten-Mozzarella-Parmesan, dekoriert mit Stiefmütterchensalat stellte ich vor Rose ab und fragte "ist das recht?"
"Zu viel" antwortete sie. "Da isst du mit."
"Ja" gab ich zurück und eilte zurück zum Buffet.
Was Rose nicht wusste, die restlichen Salate waren normal. Aus Gurke, Karotte, Kartoffel oder Kraut bekommt sie ständig serviert.

Zweiter Gang, das Fleisch.
Etwas gegrillte Paprika, wenig Kartoffelecken und dann anstehen am Grill. Rindersteak mit BBQ-Sauce und etwas Kräuterbutter ließen den Teller ziemlich karg aussehen, wenn man die der umstehenden Gäste betrachtete. Auch diesen Teller brachte ich Rose.
Vom Salat war nur eine Auberginenscheibe und die mit Käse gefüllte Tomate übrig.
"Nein, das habe ich mir extra aufgespart."
Artig legte ich mit meiner Gabel das Gemüse um und ging mit dem geleerten Teller zurück zum Buffet.
Mein Runde begann.

Das Rind war auf den Punkt gegrillt und zart, das Gemüse dazu sensationell. Ich hatte noch zwei Kartoffelecken auf dem Teller, pickste mit der Gabel das letzte Stücken Fleisch auf als Rose ihr Besteck auf dem Teller ablegte.
"Darf ich dir noch was bringen?"
"Ja gerne. Überrasch mich."
Mit dem Messer schob ich das Stück Fleisch von der Gabel, legte das Besteck gekreuzt ab und ging erneut zum Buffet.
Zucchini, Paprika und ein kleines Farmersteak. Alles vom Grill.
"Welches ist die BBQ-Sauce" fragte mein Wiener mich.
"Warte ab, welche ich nehme" drängelte ich mich an ihm vorbei.

Kurz darauf legte ich Rose vor und setzte mein Mahl fort.
"Ich gehe nochmal?" fragte ich Rose.
"Ja."
Es war deutlich zu spüren, wie es in den Köpfen der Tischnachbarn arbeitete.
Noch kein einziges Mal hatte die Lady nach Trinken verlangt oder nach Essen gefragt und doch war sie besser versorgt als der Rest am Tisch.
Zuletzt räumte ich ihr Gedeck ab.
Ein leere Teller sieht ungemütlich aus.

Stunden später ein ähnliches Spiel.
Teller, mit Kuchen beladen wurden vom Buffet getragen nur ich kehrte mit einem kleinen Stück Torte zu Rose zurück.
"Hm, lecker. Probier" hielt sie mir die Gabel hin.
Die Torte war genial, was nicht wundert, wenn eine Konditormeisterin der Gesellschaft beiwohnt.
"Darf es noch etwas sein?"
"Was gibt es noch?"
Ich zählte auf, doch Rose konnte sich zwischen zwei Kuchen nicht entscheiden. Kein Problem und erneut verließ ich die Kuchentheke mit kleinen Stückchen auf den Tellern.
"Probiere erst einmal den" empfahl ich ihr und stellen den anderen Kuchen vor mich.
"Lecker. Deiner ist auch nicht schlecht, doch ich bleibe bei dem. Ist der Kaffee stark?"
So spät abends trinkt meine Lady in der Regel keinen Kaffee mehr, deshalb hatte ich ihr keinen serviert.
"Nein. Ich bringe dir einen mit viel Milch."
Meine Nachbarn hatten sich inzwischen damit gewöhnt. Sobald die Lady etwas brauchte erhob ich mich. Ich wartete nicht ab, ließ abgeteilte Stücke zurück und aß sie erst wenn meine Rose versorgt war.

Später am Abend nahm ich mir etwas frei.
Die Lady war versorgt. Ich setzte mich zu meinem Schwager ohne den Pegelstand von Roses Glas aus den Augen zu verlieren.
"Was ist, kein Wein?"
"Ich fahre."
"Nicht einmal probieren? Der ist gut. Der Wirt baut ihn selber aus."
"Danke nein, ich bleibe bei meinem Getränk. Wasser mit Blub, doch jetzt ruft die Natur."
Allein auf dem Thron dachte ich nach.
Wie es wohl anderen Dienern ergeht?
Nehmen die Ladies die Bemühungen wahr?
Ich meine, es geht nicht um Lob wobei ich auch nicht weiß, ob kundtun ohne geht.
Aber kommt es an, wird es bemerkt wie man sich um die Lady bemüht?

Ich ging zu meinem Schwager zurück.

"Na ihr zwei" setzt Rose sich zwischen uns, "alles klar?"
"Dein Mann trinkt heute nichts."
"Nicht mal den ersten Sekt?"
"Nicht mal den."
"Den hätte ich dir gegönnt" sagt sie und flüstert mir "ich bin so stolz auf dich" ins Ohr.
Naja, immerhin wird das Selbstverständliche honoriert, nichts zu Trinken, wenn man Fährt.
Ihre Hand liegt auf meiner Schulter und fährt langsam den Rücken hinab. Mir wird warm. Nicht nur dort, wo Rose mich berührt. Ihre Wärme strahlt aus, wärmt mir den Rücken und das ganze Gemüt. Zufrieden lehne ich mich an. Glücklich bei meiner Lady zu sein.
Wie macht sie das? Den ganzen Abend kümmere ich mich um sie und kaum berührt sie mich durchströmt mich das Glück.
"Dafür hast du dir ein paar Schläge verdient."
Mein Kopf fuhr herum, meine Augen funkelten sie an.

Kurz vor Zwei sind wir daheim und es scheint mir, als ob meine Kids noch einmal aufdrehen wollen. Für mich ist es zu spät und ich verabschiede mich zur Nacht. Mein Blick fällt auf das Buch auf dem Nachttisch. Eigentlich war es einen versöhnlichen Tag. Wenn ich nun noch die Kraft hätte vorzulesen. Aber die fehlte mir. Ich legte mich hin.
Etwas später kuschelte sich meine Herrin an.
"Ich bin so stolz auf dich" wiederholte sie sich nochmals.
"Wie du mich bedient hast. Immer hatte ich was ich wollte ohne etwas zu sagen. Die Augen der Anderen waren toll. Wie sie dir hinterhergeschaut haben. Ständig musterten was du tust. Mein Zögling, ich bin so stolz auf dich."
"Es hat mir gefallen meine Lady zu bedienen."
"Aber dein Gesicht, als ich dir die Schläge versprach. Die Freude, die dabei aus deinen Augen blitzte. Du sehnst dich danach?"
"Ja Herrin. Und ich möchte sie mir erdienen. Ich möchte sie als Belohnung, nicht als Strafe."
"Du wirst auch welche erhalten, wenn mir etwas nicht passt. Dann aber anders."
"Wenn ich aus Flüchtigkeit einen Fehler mache oder etwas vergesse ist das in Ordnung."
"Ich weiß mein Zögling. Und ich kann unterscheiden. Glaub mir das."

Was das Bedienen angeht, so sind meine Gedanken auf dem Thron wohl passé. Es wird bemerkt, es wird gelobt und es wird honoriert.
Rose spielte an ihrem Stück, ließ mich zappeln und für eine gute Nacht letztlich stehen.
"Schlaf mein Zögling."
"Danke Herrin, gute Nacht."


Vom Rosenzüchtling

Samstag, 1. Juni 2013

Regen

Kurz vor Fünf. In wenigen Minuten klingelt der Wecker. Was steht heute alles an?
Samstag! Ich muss noch gar nicht raus. Gegen Sieben oder Acht reicht völlig aus. Also drehe ich mich um und lausche dem Wasser, das vom Dach durch die Rinne rauscht. Es regnet unentwegt.

Wie sonst auch stand ich um kurz nach Sechs im Bad. Rasieren oder nicht? Duschen vor oder nach dem Frühstück? Auch hier mache ich es wie sonst. Ich überlege erst lange herum um doch alles vor dem Frühstück zu erledigen. Die Lady hat keinen ungepflegten Anblick verdient.

Im Ofen backen die frischen Brötchen, ich surfe durch die Blogs als ich Schritte aus dem Flur höre. So früh? Eins der Kinder? Habe ich keine Zeit für mich?
"Der Regen nervt."
Rose betritt den Raum, angezogen und gerichtet. Meine Freude darüber ist begrenzt. An wen soll ich mich kuscheln? Was ist mit Frühstück im Bett?
"Mach ruhig weiter wie sonst. Kümmere dich nicht um mich."
Roses Neffe hat Geburtstag und sich von mir einen Kuchen gewünscht. Ich hatte geplant, ihn nach dem Frühstück zu backen, doch da wir nun neben der Küchen sind mache ich ihn gleich. Ich lasse mir Zeit, hacke Nüsse und Schokolade, räume zwischendrin auf und blicke kurz auf die Uhr:
8:45

Um diese Zeit fange ich mich dem Frühstück an. Aber die Eier sind alle, keine Milch da und das Backwerk versperrt mir den Platz. Aus dem Keller hole ich was ich brauche, wasche die Brotformen aus und frage Rose beiläufig, ob sie schon essen mag.
"Es ist gleich neun."
"Ja Lady. Ich fange jetzt an. Ich hatte gehofft, durch die Frage noch ein paar Minuten zu kaschieren."
Rose grinst, ich spute mich und mit Sieben Minuten Verspätung sitzen wir am Tisch.
'Nicht später als sonst' denke ich. Die paar Minuten kuschele ich sonst noch bei ihr.

"Ziehst du dich an?"
"Ja Lady."
Der Sohn kommt in Vierzig Minuten aus Wien und ich muss ihn vom Bahnhof abholen. Im Schlafzimmer mache ich erst das Bett, hole den vergessenen Bademantel aus der Küche und gehe zum Anziehen zurück. Noch Dreizig Minuten, der Kuchen braucht noch Fünf. Das wird knapp. Zum Bahnhof brauche ich Fünfzehn.
Stäbchenprobe...
So etwas macht kaum Sinn bei einem Kuchen mit Schokolade und Banane, der im heißen Zustand an allem klebt.
"Ich denke, er braucht noch zehn Minuten" sage ich zu Rose.
Dann bleiben noch Zwölf, somit sind wir Drei Minuten zu spät.
"Der Zug kommt um Zehn."
"Was? Ich dachte Fünfzehn Minuten danach?"
Was nun?
"Soll ich alleine fahren?" bietet Rose sich an.
"Nein, ich komme mit."
Rose ruft an, sagt dem Großen, dass wir uns verspäten und erfahren, er ist bereits seit Zehn Minuten da.

Wenige Minuten später sitzen wir im Auto.
"Eine Frage ist noch zu Klären, mein Zögling."
'So Förmlich?'
"Ja Lady."
Ich bin gespannt was kommt.
"Wer fährt heute Abend?"
"Ich!"
"Gut. Aber dann wir auch nichts getrunken."
Wie oft hatten wir früher ausgemacht, dass ich fahre. Und dann ergab sich doch, das ein und das andere Glas. 'Kein Problem, ich fahre' hatte sie dann gesagt und trank dann selbst keinen Alkohol.
"Das habe ich so verstanden Lady."

Nach meinem letzte Wochenende ist das wohl der volle Kontrast.
Kein Kuscheln, kein Frühstück im Bett.
Hektik am Morgen mit der Fahr zum Bahnhof.
Das abendliche Hin und Heimfahren steht der gemütlichen Zweisamkeit im Weg.
Wobei ein Fest ohne Alkohol bei mir geht.

Auch bin ich gebucht. Auf dem Fest gibt es Arbeit für mich. Der Neffe wollte einen Fotograf. So werde ich wohl den Abend damit verbringen, junge Ladies zu jagen und die Männchen auf der Balz abzulichten.

Da der Rosenkalender nicht taggenau stimmt habe ich mir den Abend anders gewünscht.



Vom Rosenzüchtling