Freitag, 19. Juli 2013

Keller

Rose hat unerwartet Gäste.
Kurz kümmere ich mich um sie,
öffne zur Begrüßung einen Sekt,
trinke eine Schluck und ziehe mich zurück.
Ich habe im Bad einen neuen Spiegel zu montieren.

Als ich in den Keller laufe um Werkzeug zu holen hält mich Rose auf.
"Gerade habe ich die Gäste gefragt, ob sie noch etwas zu trinken wollen"
fängt Rose an zu erzählen.
"Ja, ein kaltes Cola. Aber wenn keines da ist, braucht er nicht extra in den Keller zu gehen."

Beide lachen wir los.
Es scheint bekannt, dass Rose nicht gehen braucht, wenn ich zu gegen bin.
Und ich finde es nett, das der Gast Rücksicht auf mich nimmt.
Jedoch weiß ich nicht, was Rose gemacht hätte.
Als sie es mir erzählte hielt sie ein Cola aus dem Kühlschrank in der Hand.


Vom Rosenzüchtling

Zumutung

Donnerstag, unser Einkaufstag. Was wir für die Woche brauchen ist da, doch die Menschenmassen nicht. Somit ohne viel Stress und das Frische hole ich meist Samstag in aller Früh.

Als ich mit Rose zum Auto gehe fällt mir auf, wie ladyhaft sie angezogen ist. Ich freue mich, da sie sich dann auch so gibt.

Ich schiebe den Wagen, sie lädt ein. Als es eng wird bleibt sie stehen. Und steht. Und steht. Auch nachdem der Wagen bereits durch das Hindernis ist. Ich drehe mich um, treffe auf ihren Blick.
'War das gut?'
Ganz sicher: Nein.

Ich laufe zurück. Demonstrativ im Rückwärtsgang laufe ich zu ihr, lasse sie als Erstes durch und laufe hinterher. Ein junger Mann schüttelt den Kopf und grinst.
Ab jetzt denke ich wieder daran. IMMER schreitet die Lady voran. Sie verdient die Blicke. Ich laufe höchstens neben ihr, damit sie die Waren in den Wagen legt.

Als wir den nächsten Laden betreten zwickt sie mich in den Po. Ein Blick zu mir, ein Grinsen von ihr und sie schaut sich um. Fassungslos hat eine Dame die Situation verfolgt. Sie steht nur noch da und uns folgt ihr Blick.
"Was sie wohl denkt?"

Daheim lade ich aus und Rose hilft, die Dinge zu verstauen. Dann die Wäsche gemacht und das Vesper für Morgen. Die Lady kommt vorbei. Inzwischen hat sie eine dünne Blusen an.
"Da sieht man hindurch."
'Kann ich bestätigen.'
"Aber weil die Kids da sind habe ich doch etwas darunter gezogen."
'Ich mag meine Kids.' Aber in solchen Situationen habe ich sie nicht gerne um mich herum.
Erneut zwickt mich die Lady in den Po.
"War nicht schlecht, die Reaktion der Dame."
"Ja" grinse ich. Und ER reagiert auch wie zuvor im Laden.
"Nicht schlecht" erfasst Rose SEINEN Zustand. "Ich bin draußen."

Wie gerne wäre ich gleich meiner Lady gefolgt. Doch habe ich noch zu tun. Küche aufräumen und eine Eismaschine bestellen. Ein Wunsch vom Kid und nun ein Auftrag meiner Rose. Danach noch Schnittchen gemacht, Käse, Tomaten und Oliven dazu. Zwischendrin wird immer etwas genascht. Ein wenig Salat, ein Stück Käse. Eine Gabel vom Nudeltopf. Doch das ist nicht meins...
Ein Blick ins Netz, ein paar Antworten geschrieben und endlich kann ich den Abend genießen. Ich folge Rose hinaus.

Aber irgendwie geht es mir nicht gut.
Rose strahlt mich an. Ihre Augen und Haare scheinen wunderbar im Abendlicht. In der Bluse sieht sie fantastisch aus und sofort sind ihre Füße an ihrem Stück.
ER steht auf, erfreut über die Aktion. Doch ich freue mich nicht.
"Was ist los?"
"Mir geht es nicht gut."
"Schon lange"
"Nein, erst seit jetzt."
"Schlimm?"
"Ich weiß es noch nicht. Es fängt gerade erst an."
Der Magen macht Probleme und ich überlege, was ich gegessen habe.
"Willst du eine Kautablette? Dann weißt du zumindest, dass es nicht von Blähungen kommt."
"Nein. Das ist es nicht" antworte ich selbstsicher.
Ich stosse kaum auf. Es ist nicht zu viel Luft im Bauch.
"Du gehst ins Bett. Erhol dich. Ich komme gleich nach."
Brav wie ich bin mache ich was die Lady empfiehlt. Ich gehe ins Bad und  äh... entblähe mich. Aus meinem Magen strömen pausenlos Gase empor. Ich komm kaum noch mit dem eigenen Atmen hinterher. Nochmal und noch und noch.
Hätte ich doch bloß auf die Lady gehört.

Ich mache mich fertig, gehe ins Bett und nehme dort noch einer der Tabletten ein.
'Die Dritte in meinem Leben.' Normal nehme ich nichts. Zum Glück haben meine Kids meinen Magen geerbt. Den wirft so leicht nichts um. Aber heute habe ich ihm wohl zu viel zugemutet. Ich weiß nur nicht was. Die Menge war's nicht.

So liege ich bei geöffnetem Schlafzimmerfenster lang ausgestreckt im Bett und grübele, was ich gegessen habe. Deutlich spüre ich die Linderung der Tablette und höre ganz fein, wie sie zu wirken beginnt.
Ein ganz feines Prickeln, ein Platzen von vielen kleinen Schaumbläschen ist zu hören. 'Wie in der Werbung, wo sie das Pulver darüber streuen.'
Ich bin fasziniert, das der Vorgang wirklich so funktioniert und vor allem so gut zu hören ist.
Noch immer prickelt es. Ich lausche den platzenden Bläslein und entspanne mich. Das Prickeln wir lauter, ich wundere mich. Kann das sein?
Eher nicht.

Noch einmal lausch ich.
Und nun kann ich das Geräusch eindeutig zuordnen.
Es ist Rose, die noch den Garten gießt.
So ein Mist. Die Aufgabe hatte sie sicher vor durch mich erledigen zu lassen, während sie bequem ihren Garten überblickt.
'Noch hier, etwas da. Nein mein Zögling, den anderen Busch.'

Das Rauschen des Wassers über die Blätter tut gut. Mein Magen gibt Ruhe und ich schlafe schnell ein.

Gerade richtete ich das Frühstück für meine Lady. Mein Blick viel auf die Kirschen. Dick, dunkel, fast Schwarz und geschmacklich wirklich wunderbar. Gestern Abend hatte ich noch ein paar gegessen, kurz bevor ich mich zu Rose gesellte.

Jetzt wurde alles klar. Die Kirschen habe ich vor zwei Wochen geerntet und Rose mich vor zwei Tagen gefragt:
"Sind die noch gut?"
"Du weißt doch, was mein Magen verträgt."
"Ja", meinte sie. "Aber meinst du nicht, du mutest im zu viel damit zu?"


Vom Rosenzüchtling