Samstag, 1. Februar 2014

B.Lästig


"Ich muss euch noch was beichten" fängt Tiger an zu erzählen, "ich kann aber nichts dafür."
Ich habe keine Ahnung was uns erwartet. Aber das Grinsen von Rose verheißt, dass es interessant wird.

"Also, als ich das letzte Mal bei euch war" Weihnachten klar, " da saß ich doch noch lange mit eurem Sohn zusammen..."
Rose und ich lagen längst im Bett. Ich dachte bereits daran aufzustehen, da hörte ich wie mein Großer in sein Zimmer ging.
"... und wir sind ja erst gegen Sechs ins Bett."
'Wir?' dachte ich. Jeder von euch allein. Haha....
"Naja" es fällt Tiger sichtbar schwer weiter zu erzählen, "also... er hat mehrfach versucht mich zu küssen."
Während Rose hinter Tiger saß und mir hinter ihrem Rücken dutzende von aufgedeckten Daumen zeigte meinte ich:
"Er ist eben kein Kostverächter. Sie es als Kompliment."
"Ja, aber ich habe ihm gesagt, ich kenne ihn seit er in den Windeln lag. Aber das war kein Problem für ihn. Und als ich meinte, was wird deine Mutter dazu sagen spornte ihn das noch mehr an."
Darauf prustete Rose heraus.
"Was hat er darauf gesagt. Er nennt uns seine Hippie-Eltern."
"Die wäre stolz."
Nun prustete auch ich.
"Tiger, nimm es einfach als Kompliment. Er ist wählerisch und sucht sich aus mit wem er seine Zeit verbringt."
"Oh man. Ihr seid ja drauf."
"Was sollen wir sagen" fragte Rose nach.
"Nichts. Ich wollt es nur erzählen. Mein Gewissen ist nun rein."

Nur Erzählen? Ich denke, ihr ist ein gewaltiger Stein vom Herzen gerollt. Nun, da sie weiß, dass uns, seine Eltern das kaum interessiert. Er ist erwachsen, sie auch. Regel es unter euch. Zur Not kommen beide nicht mehr zusammen ins Haus. Aber sonst...
Rose und mir ist es egal, wer mit wem und wo und ob in unserem Haus.

Regelt es selbst.
Ganz ehrlich?
Mein Sohn, ich bin stolz.



Vom Rosenzüchtling

Nur die Frau

"Sollen wir heute einkaufen gehen?"
Besser heute als am Samstag, so wie ursprünglich geplant?
Meine Lady braucht neue Dessous. Da sie sich seit dieser Woche mit ihrer Größe unsicher ist muss sie mit. Ihr Wahllos BH's zu besorgen macht für mich keinen Sinn. Rose sieht das ein.

Nun überlege ich. Gehen wir geich Heute und wir haben den Samstag für uns Zeit. Oder ich bekomme den Humbler an, putze damit das Bad. Dazu stehen wir am Samstag früh auf; kein Frühstück im Bett. Dazu der Stress in der vollen Stadt.
"Wir gehen jetzt."
"Gut."
Damit verabschiedet sich Rose ins Bad. Gerade kommt sie vom Job. Nun richtet sie sich für die Stadt.
Und das was nach etwas Zeit im Wohnzimmer erscheint ist sensationell. Ich weiß, sie mag es nicht ungestylet in die Stadt zu gehen. Und ich bin immer wieder fasziniert mit wie wenig Aufwand sie das erreicht. Geduscht, die Haare gemacht und - trägt sie überhaupt Make up? - nur dezent geschminkt.
"Wir können gehen."
"Äh. Ja. Gut. Ich muss mich noch... Also.. äh..."
"Gell ich war schnell. Hat mich selbst überrascht. Jetzt mach! Ich warte!"
Raus aus den Putzsachen, rein in mein Businessgewandt, Schuhe an. Als Mann geht es schnell. Vor allem mit einer so schönen Lady an seiner Seite. Sich da noch zu stylen bringt erst mal nichts, zudem lenkt es vielleicht die Blicke von ihrer Person ab. Nein, nein. Ich bleibe wie ich bin. Normal, wie im Job.

In der Stadt dann der Schock. Das Superdeluxberatungsgeschäft ist zu. Während ich noch einen Parkplatz suche ruft Rose mich an.
"Zu. Wegen Ferien. Die macht erst am 06.02. auf."
"Ich komme" sage ich und kurve weiter durch die engen Gassen.
Durchfahrt verboten. Privatdurchgang. Nur für Fahrräder erlaubt. Ich stelle fest, die Innenstadt hat sich gewandelt. Ob die vielen Parkhäuser mit der Autofeindlichkeit in Verbindung steht? Sieht fast so aus.

"Wohin jetzt?"
"Du erzählst doch immer von einem anderen Laden" gibt mir Rose nun freie Hand sie irgendwo hinzubringen.
Ihr ist es egal. So ein Anfang kommt bei ihr nie gut. Noch so etwas und sie bricht ab. BH-kauf ist bei ihr eine Torture.
Spätestens wenn der dritte nicht passt breche ich ab.
So sieht es aus.

"Willst du eigentlich mit rein?"
'Ja klar. Kann ich dort meiner Lady nicht am Dienlichsten sein? Kann ich hier nicht auch den Verkäuferinnen zeigen wer bei uns führt?'
"Oder willst du dich lieber überraschen lassen?"
'Ertappt. Ich bin mir sicher, dass die Lady anders einkauft, wenn ich nicht zu gegen bin.'
"Am Liebsten beides. Aber das geht ja nicht."
"Naaa" kommt es wienerisch, "dann wartest du."

Ich bringe sie direkt vor die Türe. Dort verabschiedet sie mich.
"Geh bummeln. Schau dich um, trink 'nen Cafe. Am Besten hier" lacht sie und deutet auf den grünen Kreis.
-Habt ihr schon mal schwarzen Kaffee bei dem grünen Kreis getrunken? Ich meine, ohne dass man dies mit Zucker oder Milch kaschieren kann? Ich kenne einige die das machten. So wie ich Genau EIN MAL!-
"Ich lauf herum."
"Dachte ich mir. Ich rufe dich an."

Langsam lief ich durch die Mall und zeilte nach und nach alle Läden ab. Überrascht stellte ich fest, was es hier alles gibt. 'Einen Großteil der Läden kenne ich', hatte ich gedacht. Aber es sind weniger wie die Hälfte. So viel Neue sind dazugekommen. Alte für mich uninteressante sind aus- und Neue dafür eingezogen. Oder waren sie schon immer da, nur mein Blick dafür hat sich gewandelt? Ich war noch nicht ganz durch, da klingelte mein Phone.
Kaum nahm ich ab, legte sie auf. Ich brauchte quälend lange zwei Minuten um von meinem Standort nach unten und zu meiner Lady zu gelangen.

"Sage, wo treibst du dich rum!"
"Ich äh, du hatt..."
Alleine durch ihren Blick schnitt sie mir das Wort im Munde ab.
"Ich habe schöne Teile anprobiert. Ein paar habe ich hier," dabei zeigte sie mir eine größere Tüte. "Du gehst jetzt in der Laden und löst mich aus."
Ich verstand nicht ganz. Sie hatte die Teile und ich sollte sie nun bezahlen? Hat sie die Sachen auf Treu und Glauben mitbekommen?
"Ich habe noch zwei Sachen zurücklegen lassen und gesagt, mein Mann kommt und holt sie ab."
"Ja Lady."
Ich liebe meine Lady für die kleinen Einfälle, die sie hat. Was sage ich nur?
"Looos" sagt sie sanft und holt mich aus meiner Starre.
Ich gehe los.

Was sage ich nur? Wie stelle ich mich vor? 'Meine Frau hat mich geschickt...'? Also 'Herrin' geht auf keinen Fall. 'Meine Lady wünscht dass ich...? Traue ich mich 'Lady' zu sagen? Wenn ich wüsste, was sie über mich erzählt hat. Doch lieber 'meine Frau'? Aber Lady würde mir besser gefallen.
Ich öffne die Türe und schaue mich um. Ich sehe weder die Kasse noch irgendjemand im Laden. Langsam trete ich ein. Langsam lugt ein Kopf hinter einem Kleiderständer hervor.
"Kann ich ihnen helfen" werde ich höflich gefragt.
Lady oder Frau? Lady - Frau? Frau? Frau! Lady? FRAU!
"Ja, meine" 'Frau? Doch Lady? Nein-' "Frau" 'das wars, es ist raus' "hat etwas zurücklegen lassen."
Wie rasend mann doch noch denken kann während mann bereits spricht. Erst in dem Moment in dem ich das Wort benötigte wählte ich es aus.
Ihr Blick mustert mich kurz.
"Ja, gerne. Sie hat eine wunderbare Wahl getroffen. Da hat sie ein paar schöne Stücke ausgesucht. Schöne BH's. Und die Höschen passen so gut dazu."
"Das ist gut."
"Die Größe haben wir auch. Sie hat eine Kundenkarte. Wenn sie mal etwas nachkaufen wollen ist es für sie kein Problem mehr. Wir haben ihre Größe."
'Meine? Ganz sicher nicht' grinse ich in mich hinein.
"Eins Größer als zuvor" sage ich zur Verkäuferin als sie mir die Größe nennt.
"Ah, das wissen sie. Wir haben sie jetzt auch. Kein Problem mehr für sie etwas für sie zu finden."
"Fallen die Marken und Modelle gleich aus?"
"Nein das nicht. Aber beim gleichen Modell..."
Toll... Gleich Marke und Modell, der einziger Unterschied ist dann in der Farbe und passt genau so, wie das Orginal? Gut, dass ich das ab heute weiß...
"Das heißt, wenn sie ein anderes Modell will, sollte sie es wieder anprobieren?"
"Eigentlich fallen die Größen bei einem Hersteller ähnlich aus."
Eigentlich und Ähnlich Alleine die Kombination gibt mir das Vertrauen ab jetzt immer das Richtige zu kaufen.
Ich bezahle und bedanke mich bei ihr, für die nette Beratung meiner Lady. Dann verlasse ich den Laden und kehre zu einer über alle Backen strahlende Lady zurück.
"Wenn ich darf, möchte ich dir noch etwas zeigen."
Sie nickt.

Wenige Minuten später betraten wir einen Schuhladen.
"Und was jetzt?"
"Den habe ich heute entdeckt. Hier findet unser Großer genau die Art Schuhe, die er sucht."
Zielstrebig schießt Rose los, genau in Richtung der Schuhe, die ich für ihn meinte. Doch anstatt sich mit den Schuhen zu beschäftigen hing auf einmal eine Tasche über ihrer Schulter.
"Wie findest du's"
"Gut."
Und auf einmal öffnete sich für meine Lady ein Paradies. Der Laden war voll mit Taschen. Wo ich bisher nur vereinzelt Schuhe für Frauen sah entdeckte nun auch ich, die Schuhe galten mehr als Accessoire für die Taschen, die hier ausgestellt waren. Ständig probierte sie an, gab mir weitere Tasche zum Halten in die Hand, nahm mir vereinzelt wieder welche ab, sortierte aus, probierte durch und konnte sich letztlich zwischen zwei unterschiedlichen Modellen nicht entscheiden.
"Welche meinst du?"
"Die steht mir besser" flachste ich.
"Das ist mir egal ob sie dir steht. Du trägst sie trotzdem" grinst Rose zurück.
"Ja Lady. Nimm die" deutete ich auf die Hellere der beiden. "Sie hat ein komplett anderen Stil, wie deine anderen Taschen.
"Ja, du hast recht."

Wenig später stand ich mit mehreren Tüten vor der Garderobe eines Bekleidungsgeschäfts. Während sie eine Bluse anprobiert diskutiere ich in WA, wie höflich ein Kühlschrank ist:
Er macht extra wegen mir Licht, wenn ich hineinschaue.
Der Vorhang öffnet sich - "Und?" "WOW" "Gut!" und schließt sich wieder.
Aus Höflichkeit nehme ich auch immer was heraus.
Erneut öffnet sich der Vorhang - "auch WOW" - und schließt sich erneut.
"Deshalb nehme ich beide" - sekundenentscheid. Aber beide Teile sind toll!
Leider, Leider passten die Trenchcoats nicht, die sie dazu noch probierte. Voll bepackt stand ich da, ihre Tasche auf der Schulter, ihr Mantel über dem Arm, drei Shoppingbags in der Hand und dazu die zwei neuen Blusen. Von Hinten sah Rose absolut ladyhaft aus, doch vorne fehlte bei dem einen Mantel der Pfiff. Bei dem Anderen waren die Druckknöpfe innen nur halb am Material vernäht, dass der Falz nicht einmal zum Aufliegen kam als der Mantel auf dem Bügel hing. Was nutzt das tollste Design, wen es an einer einzigen Stelle nicht stimmt.
"Ach was. Ist egal. Es reicht."

So glücklich hatte ich meine Lady lange nicht mehr nach einem Einkauf gesehen.
"Drei Dessous. Glaube mir, ich hätte dort locker tausend Euro ausgeben können. Und dann die Tasche. Und genau so eine Bluse habe ich gesucht."
"Welche davon?"
"Egal, beide. Einfach der Stil."

Auf der Heimfahrt meinte sie dann:
"Es war schön. Und glaube mir, es braucht dir nicht leid zu tun. Du darfst morgen das Bad putzen. Mit Humbler an. Freust du dich?"
Und wie!

Jetzt, da ich mit dem Schreiben fertig bin lege ich los.
Ich bin gespannt wie es wird, vor allem da der Hund gerade gebadet wird.


Vom Rosenzüchtling

P.S.
"Das Bad sieht aus! Der Hund hat sich geschüttelt.
Los, leg ihn dir an."