Sonntag, 22. Juni 2014

Einbahnstrasse

Neu?
Muss ich probieren.

Es gibt so viele Dinge, die ich verpasse weil ich nicht weiß, dass es sie gibt.
Deshalb versuche ich alles zu testen das schon im Kleinsten lohnend erscheint..
Offen für Neues.
Erleben was das mir bringt.

Als ich die Schlafzimmertüre öffnete erschreckte ich innerlich. Auf meinem Bett saß Rose; sie strahlte mich an. Jedoch lagen um sie herum lauter, lauter...
Bunt, dünn, aufgequollen...? Und dazu ein Brett?
"Was ist" fragt mich Rose.
Genau jetzt erkannte ich die Gegenstände. Das Kochbrett und die Rouladenschnüre. Rose wird sich heute eine besondere Leckerei gönnen.
"Ich muss nochmal ins Bad."
Gut, rz-chen ist bereits gesäubert aber gegen eine Gründlichstreinigung kann nie etwas sprechen. Vor allem, wenn man es als Vorwand für ein Verdattertsein nutzt. Frisch geputzt zurück weist Rose mich an das Brett anzulegen.
"Dein Ding. Ich mach das nicht."
Zwar habe ich das Teil noch nicht oft benutzt doch weiß ich genau wo und wie ich IHN zu packen habe, damit es schnell geht ohne zu klemmen. Das Anlegen selbst ist nicht das Problem. Sondern das Laufen. Zu Bette zu gehen, sich dort darauf... -ne ne hinsetzen geht nicht- plumpsen zu lassen und zum Platz zu robben.
"Süß."
Die Lady hat ihren Spaß.

Als ich liege kommen mir Zweifel an meiner Konstruktion.
Rose hängt die rote Kordel ein, zieht sie hin und her, gekreuzt über die Bälle hinweg, lässte die Schnur mal an ihnen entlang, dann darunter hindurch, zur gegenüberliegenden Seite laufen, jedoch verheddert sich die langen Enden immer wieder und hakt sich ein.
"Ösen wären besser gewesen" sage ich und bedauere überhaupt Kritik geäußert zu haben.
Die Lady plagen ganz andere Gedanken das Geflecht symmetrisch unter Spannung zu halten. Und wie stelle ich mir das überhaupt vor? Das sie jedes Mal durch die Öse fädelt anstelle aus dem Handgelenk die Kordel unterzuhaken?
Nein, nein. Was sie macht ist schön.
Spannend und spannend zugleich.

"Gut, mein Lieber, du hast nun Pech. Schau."
So weit es geht hebe ich meinen Kopf. Beim Oberkörper gelingt mir das kaum. Das Brett reicht zu weit, blockiert den Bauch.
"Du hast den Foto noch immer nicht wieder zurückgeräumt. Ich gehe ihn nicht holen. Und du kannst es nicht."
Jap. Pech gehabt!

Aber was ich sehe gefällt mir gut. Auf dem Schaft sind lauter rote Diamanten zu sehen. Kleine Rauten, offen gehalten von den Schnüren, die von den Haken am Rand das doppelte Band in der Mitte erfassen, dass Rose zuvor, mit vielen Knoten versehen, abgeteilt hat. Bis zu SEINEM Köpfchen nach oben gezogen, ab dort getrennt und nach außen geführt.
SEIN Kopf soll frei bleiben von Spannung.
Zugänglich für Roses Spiel.

Offen für Neues.
Auch wenn ich das bereits kenne.
Aber das Gleich ist nicht immer gleich.
So ein Stück wird nicht immer gleich bespielt. Mögen die Noten und Instrumente immer die Selben sein, so liegt es doch an der Ausführung, wie gut es kommt; das Stück gefällt.
Übung. Macht. Die Meisterin.
Und sie beginnt.

Zärtlich streicht ihr Finger über SEIN Band. Die leichten Schwingungen lassen mich erzittern. Sofort ist das Kribbeln in den Zehen zu spüren. Rose hat nicht viel Raum gelassen. Ihre Kunst kann sich kaum entfalten. Es ist Spannend anzusehen, wie die Schnüren halten und das Instrument darunter sich von alleine zu Stimmen beginnt. Das zarte Zupfen einer Saite wird durch SEIN Zucken quittiert, erzeugt in mir ein erregendes Gefühl und einen wohligen Laut, der tief in meiner Brust entstehend aus meiner Kehle dringt.

Plock - Plock
Zwei schnelle Schläge treffen auf die Kastagnetten, doch nichts geschieht. Der Ton verklemmt.
Das dumpfe Klopfen war zu hören. Aber mehr kam von dort unten nicht bei mir an.
Doch als Roses Finger nun SEIN Köpfchen berührten und nur ein klein Wenig am Rand entlang glitten quetschte sich der fehlende Schmerz durch das Loch.
Erst jetzt stöhnte ich auf. Mein Becken fuhr hoch, anscheinend darauf bedacht Rose, ihre Hände und die Schnüre vom Brett zu schütteln. Die Empfindung war sehr heftig. Aber zeitversetzt. Das Kribbeln in meinen Zehen nahm zu. Längst hatte es begonnen, sich auch in den Füßen zu verbreiten. Weiter jedoch nicht.
Was fehlte, von mir aus noch länger ausbleiben konnte, war das Feedback. Die Resonanz von mir, zurück zu dem Stück.
Wir waren getrennt.

Ich konnte spüren, wie Roses Daumen am Bändchen reibt, wie ihre Finger sich am Köpfchen liegend spreizten und schließend darüber fahren. Ich vermisste auf einmal den Daumen am Band und hörte das Plock - Plock und Plock - Plock, bei dem sie versuchte das Becken in Schwingung zu bringen. Aber auch diese Mal kam es nicht an.
Vorsichtig legte sich ihre Handfläche auf das Stück. Ihre Finger glitten zwischen die Rauten, begannen sich unter den Schaft zu schieben und fest in die Kordel zu ziehen, wobei ihr Daumen letztlich das Band berührt...
Mein Becken schießt hoch, laut stöhne ich aus.
Erst jetzt eilt der Reiz von den Bällen durchs Loch.

Mir ist, als wolle der Schmerz weiter da unten bleiben. Oder findet er nicht aus der Sackgasse heraus. Und erst, wenn ein Reiz blitzendschnell den Weg durch das Holzloch erhellt, dann folgt er nach. Doppelt so grell.

'rz-chen was spürst du? RZ, was geht in dir vor?'
Ich erkenne meinen Körper und seine Signale nicht mehr.
Zeitgleich, wenn Rose den Schaft berührt bekomme ich zu spüren, wo ihr Finger ist.
Aber weder die Berührungen von den Bällen werden durch das Loch im Brett auf die andere Seite gemeldet, noch wird das Gefühl das ich habe an IHN gesandt. Meine Zehen kribbeln ununterbrochen. Auch in meinen Fingerspitzen ist die Elektrizität zu verspüren. Aber ER, auf Roses Seite bemerkt davon nicht viel.
Das Brett trennt uns ab, trennt die Gefühle ohne etwas abzuschnüren. Es ist eine Einbahnstrasse. Zu mir hinein.
Aber ja nichts hinaus.

Das Plock - Plock wird von meiner Lady inzwischen fester geführt. Entweder ärgert sie sich über die fehlende Sofortresonanz oder sie hat längst erkannt, wie spannend sich der Schmerz in den Bällen aufstaut. Kaskaden von acht oder zehn Schlägen folgt eine Pause. Dann noch ein Plock - Plock und erst danach erfolgt der Griff zur Entladung, das Tippen an's Band.
Ich befinde mich bereits selbst in dem Stau vor dem Loch. Mein Fühlen gilt nicht den Fingern von Rose, ihren Schlägen oder dem Kribbeln und Zittern meiner Beine. Es nicht das Beben meiner Körpers, das mich interessiert.
'Was hindert die Erregung vor dem Gang durch das Loch?'
Sonst bin ich es gewohnt, dass alles was Rose an IHM treibt sich erst einmal in IHM staut. Bei so viel extremen Eindrücken, die ich gerade erhalte läuft ER ziemlich schnell voll und auch mal schnell aus. Damit dies nicht geschieht ist es wichtig, kurze Pausen einzubauen und den Staudruck langsam abtropfen zu lassen. Aber heute scheint dies alles nicht zu entstehen. Die Erregung sickert durch. Unter das Brett.
Hier breitet sie sich aus. Mittlerweile ist sie in meinem ganzen Körper verteilt. Die Schenkel zittern, mein Brustkorb bebt. Allein in den Lenden scheint noch Platz zu sein.
Dort ziept es nur leicht.
Plock - Plock läutet Rose die nächste Kaskade ein, wartet dann kurz und klopft wieder darauf. Ich warte ab; legen ihre Finger sich an Kopf oder Band oder Plock - Plock treffen sie nochmals anderswo auf. Sie klöppelt und pausiert um genau in dem Moment wo ich weiß was jetzt kommt, doch wie lange geplant etwas anderes zu tun.
Ihre Finger zwicken ins Band.

Wieder einmal strömt der Schmerz aus der Beutelgasse hinauf um durch das Loch in meinen Körper zu sickern.
'Kein Platz mehr' schreit es nun innen, 'ich komme!'
Es ist so weit.
Der Schmerz bricht aus.

Meine Schenkel werden von einem Zittern gepackt, mein Becken beginnt zu beben und rüttelt aus meinen Lungen ein tiefdunkles Brummen hinauf. Noch immer reibt Rose das Bändchen, dessen sanfte Vibration nun den ganzen Schaft zum Schwingen bringen, so dass ER vor und zurück nun pumpt und pumpt.
Die Blockade ist offen. Alles sprudelt heraus.

Mein Körper wird gepackt und getragen. Weder an Schultern oder Hintern bekomme ich mein Gewicht zu verspüren. Es ist als ob mein Zittern mich schweben lässt.
Minuten vergehen. 'Ach ja', stelle ich nach langem fest, "Danke Lady" noch immer spielen ihre Finger an ihrem Schwanz.
Sie strahlt.
"Ich mag Bildungsfernsehn."
"Ja Lady", mein sie Filmchen?
"Wie hatte der gestern bei Die Aufschneider gesagt: 'Das Ejakulat ist dann ganz klar. Weil die Samen fehlen ist es nicht mehr so milchig.' Der hatte Recht. Schau dir das an."

Zwei Welten.
Getrennt durch ein Brett.
Während Rose sich im jetzt und hier beschäftigt hat versuche ich gerade erst wieder auf ihre Seite in die Realität zurückzukommen.
"Ja.?!?." und 'worum geht's?'
Es gelingt mir meinen Körper unter meine Kontrolle zu bekommen, so lange bei Rose der Abspann läuft.
Haken für Haken löst sie die Schlaufen und öffnet geduldig alle Knoten.

So hat doch Bondage am Ende doppelt entspannend zu sein.


Vom Rosenzüchtling

Donnerstag, 19. Juni 2014

Nachbars Gerten

Die Phantasie lässt so manche Blüten in den Gärten der Menschen erblühen.
Manchmal wundert man sich, wenn man die Eigenen direkt beim Nachbarn entdeckt.

Bereits am Samstag fragte uns eine Freundin:
"Habt ihr nicht mal Zeit? Wir könnten doch heute Abend..."
"Entschuldige, wir bekommen Besuch."
"Und Morgen? Wie lange bleibt der?"
'Paul sei wachsam! Sie fragt dich aus.'
"Bis 18 Uhr."
So sehr gelogen war das gar nicht. Das dürfte ungefähr die Zeit sein, zu der Lady I. sich auf den Heimweg macht, auch wenn sie uns bereits kurz nach Neun verlässt.
"Oh schön. Dann können wir ja danach bei uns im Garten etwas trinken."
"Ja, sehr gerne" jedoch nicht.
Ich hegte die Hoffnung, das Rose so viel Elan durch Lady I. erhält, das wir am Sonntag recht früh zu Bett gehen sollten.

So kam es dann auch.
Nach einem kurzweiligem Abend mit Lady I. lagen wir weit nach Ein Uhr im Bett.
"Mein Zögling" flüsterte Rose hinter mir, "wir werden heute Abend nicht lange bei Marion bleiben. Ich will von dir noch etwas haben."
Wie zweideutig das mittlerweile klingt.
Dabei greift Rose nach unten um zwischen meinem und ihrem Schenkel zu ihrem Knie zu streifen, dass gegen die stumpfen Juwelen drückt.
Sie nimmt die Bälle, schnürt mit Daumen und Finger den Beutel ab und beginnt zu ziehen während ihre Hand sich schließt.
"Humbler!" lacht es hinter mir.
Dann quetscht sie zu, lässt langsam los und schläft kurz darauf ein.

Der neue Tag.
Erst der Abschied von Lady I. Dann ihr Geschenk und Roses Tease. Im Anschluss mein Auslaufen mit dem Hund um Stunden später höchst befriedigt auf die Kids zu warten und ohne sie zu Marion zu gehen.

Kaum sitzen wir kommt der erste Schock:
"Was war das für ein Besuch?"
Und als ob die lange Stille dazwischen nicht lange genug dauerte legte sie nach:
"Euer Wiener? Oder Tiger?"
'Cleveres Mädchen', sie weiß genau, bei denen hätten wir den Namen genannt.
"Nein, eine Freundin. Sie hat übernachtet. Sie hat heute hier ein Seminar."
"Ach ja? Und woher kennt ihr die?"
Ich fand es in diesem Moment erstaunlich, wie ruhig ich blieb. Mir würde es nichts ausmachen ihr zu sagen 'das sagen wir dir nicht.' Es war mir egal, welche Konsequenz so eine Heimlichtuerei auf die Freundschaft hat. Ich war gewillt die Wahrheit im Verborgenen zu lassen.
"Ach weißt du über ihren Job" fing Rose an zu erzählen. "Deshalb ist sie auch da. Das Seminar..."
Meine Lady ist genial.

Über ihren Job fand sie den Weg zu uns nach Haus. Ebenso führte ihr Seminar hier her und nun führte Lady I's Job die Diskussion in eine völlig andere Richtung, in der Marion zu erzählen begann.
Das Ding war vom Tisch.

"So, erzählt doch mal. Wir haben uns das letzte Mal vor einem Jahr getroffen."
"Was? So lange ist das bereits her?"
"Ja, was habt ihr in dem Jahr gemacht?"
Schock Nummer Zwei.
Ein Bondageseminar, gebastelt, gespielt. Durchschnippeln lassen, gerade läuft das Entleeren. Wir chatten, besuchen und bekommen Besuch.
"Och, was soll man erzählen? Wir haben den Garten umdesigned."
Nach und nach ergeben sich immer mehr Kleinigkeit, Vanilla-Zeugs die laaaangweilig sind.
Und als Marion irgendwann das Interesse verliert fragt Rose nach:
"Wie war's bei euch?"

Marion schaut ihren Roland an.
"Ja. War ganz nett. Du kennst doch meinen Onkel aus Hamburg. Den habe ich besucht. Mit dem wollte ich in einen Sex-Shop gehen."
"Marion..?"
Ab jetzt wurde Roland zunehmend ruhiger.
"Ja, gell. Doch er meinte er kennt einen richtig Guten. Bizarre heißt der. Du, da müsst ihr unbedingt mal rein."
Wir brauchten nicht zu antworten. Marions endloser Redefluss ließ das nicht zu.
"Als ich daheim war habe ich Roland gesagt wir müssen da hin und sind zwei Wochen später deshalb nach Hamburg geflogen."
Roland saß ungewohnt still auf seinem Stuhl und nippte an seinem Bier. 0,0% Auch das kenne ich nicht an ihm.

"Die haben da Desouses und Korsetts. Wahnsinn. Und, und, und..." auf einmal war sie total aufgeregt "ein Stockwerk mit... so komischem Zeugs. Masken und Kostüme. Als Hunde oder Pferd. Mit Hufen und Schweif. Ich habe gefragt für was die Masken sind. Mit Rohr. Das kannst du dir gar nicht vorstellen."
"Ach Roland" schweift sie kurz ab, "Valeria hat im Schlafzimmer die Gerte gefunden."
Er nimmt einen größeren Schluck von seinem kastrierem Bier.
"Besser die. Deinen Open-Body hat wohl unser Sohn gefunden."
"Ja, besser wenn die Putzfrau es findet" wobei die es bis dato nicht gewohnt sein mag.
"Paul, wenn ihr nach Hamburg geht müsst ihr da hin."
"Ob das die Keditkarte aushält" fragt sich Rose.
"Gerade so" lacht Roland, "meine hat geglüht."

Auf dem Weg nach Hause beschäftigte uns eine Frage.
Nachbars Gerten. Wer hat den grünen Daumen und lässt den Rittersporn erblühen?
So wie ich Marion kenne erzählt die bald mehr.


Vom Rosenzüchtling