Montag, 19. Oktober 2015

Zum Schutz

"Heute ist ER fällig" sagte Rose am Samstag abend.
Ihr Blick ruht auf meinen Schritt.
Ich öffne die Hose und ziehe mich aus.

"Ach Schitt! Das geht so gar nicht. Dann ein anderes Mal."
Direkt neben ihm bin ich gedeckt mit Folie. Die Haut um's Tattoo ist abgeklebt.
Am Freitag wurde nachgestochen, manch dünne Linie erst vollendet. Schattierung wurde nachgelegt. Jetzt ist es perfekt.
Doch es stört.
Nicht das Tattoo selbst. Die unverheilte Haut, manch offene Poren.
Ich weiß nicht für was der Kleine fällig ist. Aber Öl und Creme soll so frisch bemalt nicht ran.

Sonntag morgen: 'duschen?' Erst einmal trainieren.
Gleich Mittags nach dem Training dusche ich. Die Folie bleibt auf der Haut.
Das soll dem wohl so sein.
Der Schutz geht vor.
So lange es nützt werde ich es tragen. Danach wird es sofort abgemacht. Auch wenn es mich nicht stört.

Sonntag war doof.
Alleine sein ist doof.
Alles könnte gehen.
Aber nichts passiert.
Ich denke an die Kids.
Wie oft hatten sie uns gestört.


Noch vor Elf geht es ins Bett. Sehr viel früher als sonst.
Ich bin müde vom Nichtstu-Wochenende. Ob Rose noch was will?
Halbnackt, nur mit Schlafshirt an stehe ich in der Türe. Als Rose meine beklebte Seite sieht legt sie sich in ihr Bett.

Auch jetzt noch schützt die Folie.
Ich lese lieber vor.


Vom Rosenzüchtling

Erreicht

Es ist Sonntag Morgen.
Die Frühstückszeit ist um, Rose ist im Bad und ich
liege im Bett, decke mich zu und versuche meine Gedanken zu sortieren.

Wie lange hatte ich auf diesen Moment gewartet?
Achtzehn Jahre? Vierundzwanzig? Nein, sicher nicht von Anfang an. Aber ab dem Zeitpunkt als wir merkten das geht nicht mit den Kids Zuhause.

Vor allem die letzten Jahre waren schwierig. Nicht immer konnten wir wie wir wollten. Wir mussten planen oder schnell reagieren wenn die Kids mal auswärts schliefen.
Das scheint vorbei.
Nur Einer von Drei ist noch daheim.
Zwei sind weg.
Das macht es leichter.

Den Moment hatte ich also erreicht.
Ab jetzt wird gemacht was wir immer schon wollten.

Ich liege im Bett.
Was ist erreicht?
Auf was hatte ich gewartet?
Das Haus ist leer. Es fehlt etwas.
Krach und Lärm. Und keine da, an dem ich mich störe.
Machen was wir wollen.
So sehr wie jetzt fühlte ich mich noch nie beschränkt.
Gerade jetzt -am frühen Morgen- genieße ich alleine im Bett zu liegen.
Was bringt der Tag? Was werden wir machen?
Erst einmal das Bett abziehen.

Ich vergraben mich in Arbeit. Mache die Wäsche und backe, bügle und mit dem Hund noch Gassi laufen.
Irgendwann ist es spät, der Tag ist rum. Und im Grunde habe ich nichts getan.
Nichts für mich und nichts für Rose. Einfach nur so den Tag verbrachte.

Am Abend ein Film?
"Was willst du schauen" frage ich das Letzte meiner Kids.
Wir richten uns nach ihm damit er bei uns bleibt und sich nicht gleich wieder in sein Zimmer verkriecht.
So läuft dann einen Film der mich nicht interessiert, ich aber als einziger von uns verfolge. Der Rest sitzt da, spielt mit den Smartphone.
Rose darf das. Den Film mag sie nicht.

Und ich sitze vor der Glotze, meinem Kid zuliebe.
Das neben mir sitzt und sich am Smartphone vergnügt.

Nein und Nein.
Das ist nicht der Moment auf den ich gewartet habe.
Nie habe ich mir es so vorgestellt.

Die Kinder sind weg, das Haus ist leer.
Kurz gesagt, sie fehlen mir.


Vom Rosenzüchtling