Mittwoch, 24. Juni 2015

Giggling Rose

Pizzaduft flutet mir beim Öffnen der Haustür entgegen und nebelt mich ein als ich die Küche betrete.
'Gerade richtig' denke ich mir. Ein Blick in den Ofen '-Oh- dauert wohl noch.'

Bei knapp dreihundert Grad liegt eine Pizza auf dem Stein. Dünner Boden, dicker Rand. Der Käse blubber golden braun. Die Sauce am Rand zieht bereits an.
Noch eine, höchstens zwei Minuten dann muss sie raus aus dem Ofen.
Perfekt.
Doch klein.
Mehr ein Amuse guelle als ein Familienmahl.
"Ah, mein Kaffeemaker" schallt es von der Terrasse herein.

Ich gehe nach draußen, begrüße Rose.
"Willst du jetzt noch einen Kaffee trinken?"
"Warum denn nicht. Essen dauert doch noch."
In dem Moment kommt das Pizza-Kid.
"Für la mamma."
"Oh schon. Ach... ein Herz."
Wie beiläufig Rose das sagt. Sonst freut sie sich über nette Ideen.
"Glaub ja nicht, das besänftigt mich."

Dabei hat das Kid doch gar nichts gemacht.
Hat weder aufgeräumt noch sein Fenster geschlossen. Nicht einmal in sein Zimmer gegangen als der Wind den Regen ins Zimmer peitscht.
"Sein Bett ist klatsch nass. Vollgeregnet. Und Fünfzehn Jeans lagen im Eck."

Ein Herz aus Pizza reicht da nicht aus die Mutter wieder lieb zu stimmen.
Wobei es wirklich lecker schmeckt.
Es gab in Summe Zwölf Mal Pizza. Zwölf kleine Dinger geteilt durch vier. Drei Stunden braucht das Kid zum Backen.
Dann muss es weg.
- Meine Küche!

"... und ich habe heute alles sauber gemacht" resigniert meine Lady.
Es dauert alles wegzuräumen.
Endlich zur Ruhe zu kommen, zur Lady zu sitzen.
Mit ihr zusammen fern zu sehen.

"Ich bin fertig" sagt sie kurz drauf. "Ich gehe schlafen."
"Ja, ich komme."
Wenn Rose dermaßen müde ist brauche ich nicht daran zu denken das irgendwas geht.
Erst programmiere ich den Spüler, dann Toilette um Minuten später der Lady zu folgen.
Giggelnd und Jubelnd sitzt sie auf dem Bett. Sie strahlt und winkt mit...

Das hatte ich ganz vergessen.
Mittags hatte ich ein neues Buch gekauft. Neuen Vorlesestoff für Zur Nacht.
"Juhu. Endlich kann das Kanguruh weg."
Sie packt es aus und schaut perplex.
"Eisbär? Bist du dir sicher, dass das besser ist?"

Erst jetzt fällt mir der weiße Bär auf dem Umschlag auf. Er ist nicht zu übersehen. Eigentlich... Aber anscheinend fehlt mir für solche Details der Blick.
Ein beiges Cover mit weißem Tier. Schwarz sein Umriss nachgezogen. Wie soll ich als sub offensichtliches Erkennen, wenn mein Blick dem Inneren gilt.

Was soll's.
Rose ist Happy. Ein neues Buch. Neue Geschichten. Mal schauen was das Buch so bringt.
Als Erstes spüre ich ihre Hand.

Ein wenig Kalt...
"Zu warm" sage ich zur Lady.
"Zu warm? Ich finde die kalt."
"Nicht kalt genug werte Lady."
"Ach" löst sich ihr Griff.

Warum kann ich nicht einfach annehmen was ich habe. Was Rose gibt reicht mir doch aus. Warum fordere ich dann immer noch mehr?
Jetzt habe ich nichts. Kein Kalt, keine Hand.
"Ai" stöhne ich.
Kalt! Roses Fuß.

Sie hat sich zur Seite gelehnt, ihr Bein nach oben gezogen und ein Fuß stemmt sich auf IHN. Mit all seiner Kälte. Die gesamte Sohle.
Gefasst beginne ich zu lesen. Das Vorwort des Autors. Seine Biografie. Dann der Titel. Danach das Impressum.
Zuletzt die Widmung, wird Rose zu viel.

Anstelle zuzuhören was ich nun lese packt sie nach unten und greift sich ihr Stück.
Dem festen Druck fügt sie hinzu:
"Mach ruhig so weiter. Trau dich ruhig!"
Ich muss lachen. Ihr Griff wird fester. Wimmernd, lachend und kurz aufjaulend versuche ich Rose zu zeigen:
Das will ich noch lesen!
Sie schaut ins Buch. Zwei Worte:
"Für Z." lese ich vor.
Auch Rose muss lachen und lockert den Griff.
"Für Z. Nicht für z-chen. Das ist für IHN."
Erneut packt sie zu.

Ich blättere um: 1. Kapitel.
Rose dreht sich neben mich.
Ihre Hand geht zu Schaft und wichst IHN sanft.
Ich lese, während ihre Hand langsam die Haut am Kopf nach unten zieht, das Bändchen spannt, nach oben schiebt. Ein enger Ring, gebildet aus Daumen und Zeigefinger liegt unterm Rand des Köpfchens, dreht sich darum, reibt hoch zum Kopf dann darauf runter, zieht ganz nach unten und ein Stückchen weiter, spannt das Band, zerrt den Kopf hinunter.
Und ich lese als ob nichts ist -kümmert nicht-  und stöhne einmal.
"Ein schwieriges Wort."
"Ach ja" meint Rose und lässt IHN los.
"Ich dachte du hättest ein anderes Problem."

Drei Seiten lese ich noch weiter, bemerke dann, sie schläft bereits.
Ich mache Schluss und lösche das Licht.
Für mich ist Ende.
Ich schlafe ein.

Irgendwann gegen Drei weckt ER mich auf.
Fest und Hart.
So mag ich es geweckt zu werden.
Ich will IHN spüren.
Mag nicht schlafen.
Sein Quängeln und das ER dauernd meckert.
Das ER will und nichts bekommt.
Das ER mich quält und dauernd tropft.

So schlafe ich gern.
... erhole ich mich.


Vom Rosenzüchtling

Dienstag, 23. Juni 2015

Erwachsen

Der Jugendzeit entwachsen, die Schulzeit beendet und nun warten auf den Ernst des Lebens.

Nein.
So schätze ich mein Middle-Kid nicht ein.
Er sieht den Ernst nicht kommen,  weiß jedoch was vor ihm liegt. Sieht Freude, Spaß und Möglichkeiten.
Ernst wird es von allein.

Und Warten?
Nicht sein Ding.
Die Schule ist vorbei.
Letzte Chance viel Zeit mit Kumpels zu verbringen. Mit all den Mädels zusammen zu sein.

Halb Zehn. Es klingelt.
Zwei Mädels, ein Kerl.
Herein wollen sie nicht. Sind feucht und nass und durchgeweicht.
"Nein nein. Das geht" schlagen sie das Angebot aus sich zu uns ins Wohnzimmer zu setzen.
Dafür unterhalten sie sich im Flur.
"Sollen wir im Bett weiter schauen" schlägt mir Rose vor.
"Gerne."
Auch mir ist es lieber der Besuch setzt sich hin.

Wenige Minuten später, der Fernseher läuft. Ich liege im Bett. Rose hält meine Hand.
Sie schaut. Ich lausche. Musik durchströmt das Haus.
'Gut. Die Kids sitzen. Hören Musik. Bleiben.'
Ich drehe mich auf die Seite. Das kalte Wetter schlaucht. Ein letzter Blick auf die Uhr.
21:56
Ich werde alt.
Ich schlafe ein.

Früh am Morgen, früher als sonst.
Die Katze streift miauend durch unser Haus.
Ich bin mir sicher, das Kid ist wach. Wahrscheinlich sind alle Türen zu. Die Katze kommt nicht rein, nicht raus. Er hört sie nicht.
Aber Rose.
Sie schüttelt mich.

05:02
In acht Minuten klingelt der Wecker.
Es hat keinen Sinn sich nochmals hinzulegen.
Ausschalten und die Katze versorgen. Dann ab ins Bad.
Zehn Minuten früher als sonst bin ich fertig, kuschele ich mich nochmals an Rose und bin ich früher angezogen.
Die zehn Minuten früher. Ungewohnt für Rose.
Ein wenig Streicheln. Sanfte Massage von Rücken und Schulter. Zärtlich am Nacken. Ein Kuss auf die Wange schon stand ich auf.

Das Kuscheln war kurz. Zwei Minuten gespart. Zwölf Minuten früher als sonst komme ich in die Küche.
... in der das Middle-Kid Brezeln bäckt.

'Das reicht mir nicht.' So spät wie er laugt ist das Backwerk erst fertig wenn ich gehen muss.
Dazu kann er alles von der Küche aus sehen. Kann lesen, Bilder und Seiten erkennen.
Früh Morgens wie sonst das Netz abzuchecken...
Blogs und Foren durchzulesen, Mail und Kommentare zu beantworten...
All das fehlt.

Es fehlt die Zeit.
Es fehlt die Gelegenheit.
Es fehlt an Wärme, fehlt an Sonne.
Dabei hat gerade der Sommer begonnen.

Noch drei Monate.
Dann beginnt sein Ernst.
Der Sommer ist dann um.
Er ist entwachsen.


Vom Rosenzüchtling