Freitag, 30. Oktober 2015

Nur

"Kann ich euch noch was Gutes tun" frage ich meine Lady am Abend.
"Nur noch vorlesen."
"Gerne."

Nur noch vorlesen.
Das hört sich wenig an.
Mir bereitet es aber Freude meine Lady in den Schlaf zu begleiten, sie mit meiner Stimme in das Reich der Träume zu tragen. Es reicht mir aus.
Nur...
Ein viel zu starkes Wort.

Nur vorgelesen.
Ich bin fertig und schließe das Buch.
Ich lege es weg und lösche das Licht.
Ich liege noch immer wie zuvor beim Lesen.
Auf den Rücken, angezogenen Füßen, leicht gespreizten Beinen.
Nach fünf Sekunden alleine im Dunkeln legt sich ein Schatten über mich.
Ich öffne die Augen. Noch immer Dunkel. Kein zusätzlicher Schatten. Dafür fehlte ein Licht.
Ich atme tief ein. Lange atme ich aus, versuche möglichst viel alte Luft aus den Lungen zu bringen.

Nur
Allein.
Alleine? Bei dem Gedanken wird es heller. Der Schatten des Grübelns und Unbehagen wird verdrängt vom Licht der Erkenntnis. Sie beginnt zu glimmen.
Ich liege auf dem Rücken - so wie sonst nie.
Meine Schenkel sind gespreizt. Jedes Bein ist allein.
Zu allem Überfluss hatte ich heute gebadet.
Alleine in der Wanne. Zuletzt? Vor sechs Jahren.

"Darf ich mich noch an euch kuscheln" frage ich Rose.
Warum überhaupt fragen? Sonst drehe ich mich um und dotze einfach mit dem Po bei ihr an.
"Hm, ein Wenig."
Während ich mich frage was 'ein Wenig' bedeutet dreht sie sich auf die andere Seite.
"Aber nicht so doll. Ich bin schon am schlafen."
... so wenig es geht lehne ich mich bei ihr an.

Meine Hand liegt auf ihrer Schulter, mein Kopf berührt ihren Rücken.
Ich fühle dabei - Einsamkeit.

Ich brauche Wärme.
So wie an den Füßen  da liegt eine kleine Heizung. Ich ziehe sie herauf.
Der Hund will schlafen. Aber es stört ihn nicht anstelle zu meinen Füßen bei mir zu liegen. Sein festes Haar, diese drahtigen Borsten isolieren so gut und wärmen nun mich.
Es dauert nicht lange, dann schlafe ich ein.


Vom Rosenzüchtling

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