Montag, 11. Mai 2015

Bald

Rolf ist da.
Am Muttertag steht er mit Blümchen vor der Türe.
"Schön dich zu sehen" umarme ich ihn, "Danke für das Blümchen."
"Die ist nicht für dich. Die ist für die Herrin des Hauses."
Langsam macht er mir Angst. Eigentlich weiß er nichts. Aber seine Bemerkungen treffen immer öfters. Und ich muss Abstand mit IHM halten. Rolfs Bemerkung scheint für IHN interessant.
"Hallo, die Mutter" deutet er mein Zögen falsch, "Wo ist die Mutter?"
"Hinten, Terrasse. Kaffee?"
"... und Kuchen, ja." schon ist er draußen.

Ich mache Kaffee.
Bei ihm brauche ich nicht zu fragen. Ebenso wenig Roses Bruder. Jedoch hatten wir erst vor kurzem gegessen. Gegrillt. Besser gesagt wollte der Jüngste am Muttertag smoken.

Hat lange gedauert, von Morgens um Acht bis Mittags um Vier. Frühstück fiel aus. Hatte mich mehr geärgert als Rose selbst...
Jedoch der Braten war letztlich genial.
... ach ja Rolf.

"Willst du auch" frage ich Rose als ich Rolf sein Stück Rhabarberkuchen serviere.
In dem Wissen, bei dem Kuchen sagt sie nur ganz ganz selten Nein warte ich die Antwort nicht ab, serviere auch ihr ein Stück um danach den Kaffee nach draußen zu bringen.

"Das ist lieb" bedankt sich Rolf.
Ich schaue auf sein Haupt. Kahl. Bald wie immer. Breiter Scheitel mit dazwischen viel Haut.
"Ui, du hast aber schon ordentlich Farbe."
Er macht FKK. Aber sein Kopf liegt immer frei. Kein Wunder also, dass der höchste Punkt an seinem Körper schneller Farbe annimmt als der Rest.
Ich streiche darüber und mir fällt ein:

Schon das letzte Mal als er da war hatte ich ihm über den Kopf gestreichelt. Auch damals war das Gefühl bekannt. Doch heute ist es ganz eindeutig.
Es fühlt sich an wie....
gespannte Haut.

Wie mein Köpfchen, wenn sich genau so rot und prall die Haut darüber spannt.
Nicht ganz so haarig, nicht so stopplig. Aber doch wie Montag Nachts. Fast noch so wie am Dienstag Morgen, als der alte Schmerz aufkam. Der Schmerz beim Waschen, vom Abend davor, der durch die Nesseln, deren feine Härchen direkt unter die Haut gedrungen war.

Wenn ich es mir recht überlege ist es genau das selbe Gefühl.
Gedanklich streichen meine Finger nochmal darüber. Ich fühle es an den Fingern, sonst fühle ich nichts. Am Montag berührte ich SEIN Köpfchen, betasteten auch hier meine Finger die Haut und ebenso wie gerade eben fühlte ich außer an den Fingern nichts.

Taubheit...
Interessant, dass nichts zu Fühlen einem mehr Vergleiche bietet als wenn man im Besitz all seiner Sinne ist.

"Bei dir ist halb offen" flüstert Rose mir zu.
Die Jeans sitzt gut. Das Hosenbein ist knapp bemessen. Wenn ER sich da rein legt ist die Beule zu sehen.
Ich stehe direkt bei Rose, knapp vor Rolf. Beide sitzen und die Beule ist benah in Augenhöhe.
Schnell schaue ich zu Rolf. Der schaut nicht zu mir. Dann schaue ich nach unten, dort ist nur die normale Beule zu finden.
Doch der Reissverschluss steht halb offen, der Schlitz beult sich auf. Darunter ist vom IHM nichts, sondern nur Haut zu sehen. Das sollte reichen um Rolf mitzuteilen, der Typ neben ihm trägt kein Höschen. Und ist ebenfalls kahl.
Ein zweiter Blick wohin Rolf schaut, dann der Griff an den Schritt - ratsch, zu.
'Hähä... Rolf!' Chance vorbei.


Vom Rosenzüchtling

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