Samstag, 24. Januar 2015

Vier Hören

Die letzten Tage hatte ich immer eine Ahnung, was mich am Abend erwartet.
Heute nicht.

Die einzige Anspielung die Rose tagsüber machte war ein "was mache ich heute mit dir? Abwechslung sollte schon sein."
Abwechslung? In Gedanken durchforstete ich den Schrank. Von all den Dingen die sie macht ist sie durch. Das Plexiglas ist zwar entschärft, aber da sie das nicht erfragt ist klar, das benutzt sie nicht.

"Hier" zieht sie das Deckbett von ihrer Seite, "Tuch."
Sie holt den Schlüssel und öffnet den Schrank während ich ihr Bett mit dem Badetuch auslege. Auf SEINER Höhe lege ich noch ein Handtuch doppelt auf.
"Brauchst du das" fragt Rose.
"Ich habe keine Ahnung ob ich überhaupt etwas brauche. Ich weiß nicht was mich erwartet."
"Guuut!" freut sich Rose und ich bekomme heute im Stehen die Augen verbunden.
"Leg dich hin."
Ich taste nach dem Bett, setze mich hin, rutsche zurück um die Beine einzuschwenken. Dann strecke ich mich aus und bemerke, wie weit unten ich liege.
Rücken, Becken und Beine verwindend schlängele ich mich hoch bis meine Füße frei liegend nicht mehr das Bettende berühren. Meine Hände liegen neben der Hüfte und ich lausche was kommt.
Ich höre sie geht zum Schrank. Sie nimmt etwas Dumpfes, was Großes? Fast ohne Geräusch. Von der Türe nimmt sie nichts. Noch pendelt die Kette und beim Rest würde ich hören wenn sie es nimmt. Sie nestelt herum, kommt dann zum Bett und legt die Sachen neben mich.
Das was ich hörte waren gut fünf Sachen.
Und ich hatte keine Ahnung was es ist.

Nach einem Klopfen auf meine Hand hebe ich den Arm. Danach ist das Ratschen von Klettband zu hören. Und erst als die Manschette am Handgelenk sitzt höre ich das erste Mal das Klingen von Metall.
'Wie hat sie das gemacht, dass der Haken und die Ringe keinen einigen Ton von sich gaben?'
Eine leichte Berührung Rechts, ich hebe den Arm um nun auch hier die Manschette umgelegt zu bekommen.
'Jetzt noch die Zwei an den Beinen. Sie wird mich verschnüren. Zu schade, dass ich nicht auf meiner Bettseite liege. Dort sind am Bett die Ösen zum Fixieren.'
Noch rätsele ich, wie sie die Arme und Beine fixieren möchte? Den Arsch nach oben? Die Beine gespreizt? Da nimmt Rose die Ringe um sie mit den Schekeln aneinanderzuverschrauben.
Quickout, Panikhaken? Rose weiß, die braucht es nicht.

Nachdem sie meine Hände über meinen Kopf gelegt hat frage ich mich was für Spielzeug jetzt wohl noch neben mir liegt. Zumindest nicht die Manschetten für die Füße. Rose steht auf und geht zum Schrank.
Noch einmal nestelt sie darin herum, dann geht sie raus.

Schritte - Im Flur, wohin sie jetzt geht? Was fehlt? Eis? Nein, die Küche lässt sie Rechts liegen und geht ins Wohnzimmer. Liegen dort Ketten? Sind dort irgendwelche Stangen verborgen? Was kann sie aus unserer Wohnung noch als Toy benutzen?
Brz Ein leichtes Zucken durchfährt meinen Körper, ausgelöst von IHM, der nochmals zuckt. Das Tuch, die Ketten und nicht zu wissen was Rose plant lassen IHN schon erbeben bevor was geschieht.
Brz Noch einmal. SEIN Beben wird stärker. Das Verlangen nimmt zu. Ich bin fixiert durch ihr Wort, doch ER macht was ER will.
Brz, Brz, Brz Mehrmals hintereinander kommt es unten. Meine Versuche das zu verhindern verstärken es bloß.
Brrrrz Meine Hüfte schnellt hoch, mein Bauch schnappt zurück, mein Brustkorb dehnt sich. Ich ringe nach Luft.
Nach gefühlten fünf Minuten höre ich Roses Schritte neben dem Bett. Wann kam sie ins Zimmer, wie lange ist sie schon da?
Sein Zittern und Beben hatte mich so in Anspruch genommen. Ich konnte mich nicht konzentrieren was von der Lady zu hören.

Die Augenbinde hebt sich - nein getäuscht - wird ein wenig zur Seite gedreht. Ihre Hand streichelt mein Haar - wieder falsch - streicht es vom Ohr.
'Was ist das jetzt?' Sie steckt etwas hinein.
'Oropax! Sie macht mich taub. Woher hat sie das? Nein, noch viel besser stelle ich fest, als ich ein Kabel an meinen Haaren spüre während Rose den zweiten Hörer in mein Ohr schiebt. Mit verstopften Ohren kann man noch immer ganz Dumpf Geräusche vernehmen. Aber so wird es von Musik überspielt. Was bekomme ich zu hören? Hat sie das Pad?'
Vor drei Tagen hatte ich begonnen, genau für so ein Spiel Musikdateien in unser Netzwerk zu stellen.
Sanfte Entspannung, jedoch auch Pop und Rock. Musik, die absichtlich nicht zum Spiel passt. Sie soll ablenken, nicht dazu Dienen zu fallen. Sie soll einfach daran hindern sich auf das Genießen zu konzentrieren. Es ist, wie das Spiel durch ein Kitzeln zu unterbrechen und auf einer völlig neuen Ebene wieder zu starten. Mir ist nicht klar, wobei so eine Musik funktioniert. Vor allem nicht bei Ihr.
Deshalb bin ich gespannt, mit was sie mich von der Außenwelt fernzuhalten gedenkt.

Sanfter Applaus. Er schwillt an, die Lautstärke steigt und dann ein Ton. Was folgt ist das Warten auf den ersten Akkord.
'Halt warte!' Mein Kopf geht hoch, ich öffne den Mund. Gerade lagen Roses Lippen auf den meinen.
Den Kuss habe ich versäumt. Wie soll man wissen, dass die Herrin sich nähert, wenn man nichts sieht, nichts hört und -anders wie bei ihr- mich Dunkelheit umgibt. Enttäuscht sinke ich ab, um sofort wieder ihre Lippen an den meinen zu spüren. Die Lady spielt.
Die Musik beginnt.

Leonard Cohen. Ich habe Roses Musik auf den Ohren. Leise, mit viel Gefühl vorgetragen und ich kann hören wie Rose erneut ums Bett herum geht.
Sie ist am Schrank. Sie kommt zurück.
Die Musik nimmt zu.

Dem Sinn beraubt...


Vom Rosenzüchtling

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